Bundesweit reichten sich am Wochenende Menschen die Hände, um gemeinsam gegen Rassismus und für Menschenrechte und Vielfalt einzustehen. Auch in Drensteinfurt bildeten 200 Teilnehmer unterschiedlichen Alters vor der Alten Post eine lange Menschenkette, um ihre Solidarität auszudrücken. Den Aufruf in Stewwert hatten die beiden Kirchen gemeinsam mit dem Deutsch-Ausländischen Freundeskreis (DAF) organisiert. Kurz vor 12 Uhr leitete Nicole Semptner-Schote mit dem Lied „We shall overcome“ , begleitet von Francisco Puente auf der Gitarre, die Aktion ein. „Ich bin froh und überrascht, dass so viele gekommen sind“, erklärte Waltraud Angenendt vom DAF. Das Lied „We shall overcome - Wir werden es überwinden“ habe Martin Luther King gesungen, als er mit 250.000 Menschen nach Washington gezogen war, um gegen Rassentrennung zu demonstrieren. Bis nach Südafrika habe es seinen Weg gefunden und wurde dort in den Jahren der Anti-Apartheidsbewegung gesungen. Auch heute, in Deutschland, finde Fremdenhass statt. In Hiltrup wurde zweimal ein Flüchtlingsheim in Brand gesteckt und in Münster ließ man einen Afghanen in Begleitung zweier Deutscher nicht in die Disco, erinnerte Angenendt an jüngste Vorfälle. „Ein Land, das seine Minderheiten nicht schützt, ist auf den Weg in die Diktatur“, rief sie eindringlich. Symbolisch verteidigten sie mit der Menschenkette auch das Grundgesetz, fügte sie hinzu. Auch Pfarrer Jörg Schlummer freute sich über die gute Beteiligung. „Zieht den Kreis nicht so klein“, erinnerte er an ein bekanntes neues geistliches Lied. Die Menschenkette sei ein besonders machtvolles Zeichen, das als Bild haften bleibe und Einfluss bringe. „Wir fassen uns an den Händen. Hände, die gleichermaßen abwehren, aber auch halten können, sie können schlagen, aber auch zärtlich streicheln“, resümierte er. „Heute reichen wir uns rechts und links die Hand, damit Drensteinfurt menschlich bleibt, zeigen Flagge für ein offenes Europa im Großen wie im Kleinen. “Noch sichtlich bewegt von seinem Erlebnis auf der Rückreise von Dover nach Calais schilderte Felix Kleineidam seine Empfindungen beim Anblick der riesigen Lager, die halb so groß wie Stewwert seien. „Ich habe drei Meter hohe Zäune mit Stacheldraht gesehen, Menschen verschiedener Nationalitäten leben dahinter“, erklärte er. In Calais, einer Hafenstadt im Norden Frankreichs, erhoffen Geflüchtete, illegal mit dem Zug oder LKW durch den Eurotunnel nach Großbritannien zu gelangen. Tausende Flüchtlinge leben dort unter menschenunwürdigen Bedingungen. „So etwas wollen wir hier nicht. Leute, das schaffen wir“, rief Felix Kleineidam der Menge zu. Der 28-jährige Saleh Alshami, ein Flüchtling aus Syrien, drückte aus, was ihn angesichts der Sympathiebekundung bewegte: „Ich habe keine Worte, nur, vielen Dank für die guten Leute in Drensteinfurt.“ Noch während sich die Menschen an den Händen hielten, wurden noch einmal die Strophen des Liedes „We shall overcome - eines Tages werden wir in Frieden, Freiheit und ohne Angst miteinander gehen“ gesungen. Mechthild Wiesrecker/Westfälischer Anzeiger, 20.06.2016