Die Corona-Pandemie geht an kaum einem Menschen spurlos vorüber. Während einige einfach vom Tragen der Maske genervt sind, geht es bei anderem um die nackte Existenz. Wieder andere sorgen sich um die eigene Gesundheit oder die ihrer Angehörigen. Eine Gruppe die von den Corona-Maßnahmen besonders betroffen ist, sind die Asylbewerber. Waltraud Angenendt, Vorsitzende des Deutsch-Ausländischen-Freundeskreises (DAF) berichtet von den Sorgen und Nöten der Asylsuchenden aber auch deren Helfer.

Mit Beginn der Pandemie im März wurden auch die Beratungen eingestellt, berichtet Waltraud Angenedt. „Überall wurde vor Corona gewarnt, jeder hatte Angst“, erinnert sie sich. Dazu hatte die Kirche die Tür zugemacht, es gab also keinen Raum für die Beratung.

Dringende Fälle wurden zwar per Telefon besprochen und auch Begleitungen zum Ausländeramt oder Rechtsanwalt fanden noch statt aber man habe bemerkt, dass alles erstarrte. Unter den Geflüchteten sei die Angst noch viel schlimmer gewesen. „Wer soviel Gefahr ausgesetzt war, Krieg und Tod erlebt hat, ist anfälliger“, sagt die Sprecherin des DAF.

Hinzu käme, dass sich Asylbewerber ihre Informationen über dubiose Kanäle im Internet holten. „Das macht sie offener für Fake News, die ihnen noch mehr Sorgen bereiten“, erklärt sie. Im Sommer habe man dann die so nötige Beratung im Freien wieder angeboten.

Mit dem Lockdown fanden aber auch keine Sprachkurse statt. „Jede Veranstaltung, sei es Kaffeetrinken oder Frühstück, brach weg“, erklärt sie. Die Schulen und Kitas waren geschlossen. „Vieles was sie bereits gelernt hatten, haben sie vergessen“, so die Erfahrung Angenendts. Der Online-Unterricht habe zwar im Juni versucht etwas aufzufangen aber es fehle das Sprechen und der Kontakt zu Deutschen. Zudem hat nicht jeder Asylbewerber einen Laptop und Online-Unterricht am Smartphone sei mühsam.

Für Waltraud Angenendt ist das eine Katastrophe. „Die Deutsche Sprache zu erlernen und die damit verbunden Zertifikate zu erhalten, ist für die Asylbewerber essentiell“, macht sie deutlich. Egal ob eine Anstellung oder ein Ausbildungsplatz, die Beherrschung der deutschen Sprache sei Voraussetzung.
Die Stadt habe die Integrationspauschale genutzt, um die Anschaffung eines Laptops mit 150 Euro zu bezuschussen, aber mit dem Geld könne man noch keinen Laptop kaufen. Im September sei die Maßnahme zudem zu spät angelaufen.

Für die Betreuer sei die Zeit ebenso frustrierend. „Es geht an die Substanz, weil alles was schön war nicht stattfinden durfte“, erklärt sie und denkt an die Gartenfeste im interkulturellen Garten, bei denen viele gute Gespräche stattgefunden haben, die Fahrt der Kirchengemeinde zum Maxipark, die schon Tradition hat und die in diesem Jahr zum Herbstleuchten geplant war. Das Kaffeetrinken im Gemeindesaal und das Frühstücken im Kulturbahnhof. Und jetzt steht die traditionelle Nikolausfeier vor der Tür. „Wir können sie planen aber vieles wird im Moment für die Tonne geplant“, stellt sie sachlich klar.

„Es kommt so eine -ich schmeiß alles hin- Stimmung auf“, so ihre Wahrnehmung. Reshad Fazly berichtet von den Sorgen der Asylbewerber. „Sie haben Angst vor dem was sie hören. Angst, dass die Schulen wieder geschlossen werden und die Sprachkurse wieder ausfallen“, erklärt der 31-Jährige, der 2015 aus Afghanistan geflüchtet ist und seitdem in Drensteinfurt lebt. Viele hätten ihren Job verloren, weil sie in Restaurants arbeiten, andere könnten ihre Ausbildung nicht antreten. Und dann sei die große Sorge um die Familien in der Heimat. „Sie wissen, dass die gesundheitliche Versorgung dort schlecht ist“, sagt er. Die Menschen in Afghanistan hielten sich auch nicht an die Auflagen. Zum einen, weil die wirtschaftliche Lage so schlecht ist und zum anderen weil sie keine richtigen Informationen über die Krankheit oder die Zahl der Infizierten bekommen. „Ich sorge mich um meinen kranken Vater“, erklärt Reshad.

Auch Waltraud Angenendt bekommt die Sorge der Menschen um die Angehörigen in der fernen Heimat mit. Sie berichtet von einer Frau aus dem Iran, dessen Mutter an Corona gestorben sei. Von einem anderen starb der Onkel an Corona. Ein Afghane sorge sich um seinen an Corona erkrankten Bruder. „Sie leben in Deutschland und wissen, hier ist das Gesundheitssystem gut, aber ihnen ist auch klar, wie es in ihren jeweiligen Heimatländern aussieht“, erklärt die Vorsitzende des DAF das Dilemma vieler Asylbewerber.

 

Text: Mechthild Wiesrecker, Westfälischer Anzeiger